Entwurf eines zeichenhaften Gebäudes von prägnanter Form und schemenhafter Schönheit als Fragment einer fiktiven Erzählung an einem inszenierten Ort: Die Filmarchitektur, referentieller Entwurf „at it’s best“ vereinigt alle Eigenschaften zu einer neuen bedeutenden Form.
Ein ergänzendes Dokument mit Texten und Filmen zum Thema finden Sie hier.
Luca Michels
Der Bahnhof, genauer das Ende des Bahnsteigs, ist ein intensiver Ort im Spannungsfeld zwischen Nostalgie und Sehnsucht. Hier steht man an einer Grenze, kann weder nach vorn, noch nach links oder rechts. Es bleibt nur der Weg zurück. Man blickt auf die Gleise, welche sich verjüngen und am Horizont verschwinden. Dieser Ort ist vergleichbar mit dem Bug und dem Heck eines Schiffes. Bei einem Schiff jedoch bewahrt das Heck nur den Blick auf das hinter einem Liegende, während der Bug den Blick in die Zukunft, in das Unbekannte, offenbart. Nostalgie und Sehnsucht. Am Ende des Bahnsteigs treffen sich beide Impressionen.
Der Entwurf vereinigt die Reihe der im Prozess erarbeiteten Motive, Referenzen in einem Bild, in einer Einstellung. Der Bahnsteig als Brücke, von dem aus man das Gebäude betrachtet, es aber scheinbar nicht erreichen kann. Das Haus am Wegesrand, das Etappenziel, welches man betreten kann, aber nicht muss. Der Blick ins Unbekannte, was passiert nach dem Aufenthalt?
Armin Popp
Was ein Auftragsgeist der Welt sagen will, was er einer Gesellschaft in einer solchen Stadt erzählen will, die vorauslebt, anderen Städten etwas zeigt, anderen einen Grundriss baut, den sie verfolgen können. Wer, wenn nicht wir, könnte Veränderung vollziehen. (…) In einem Zelt bauen sich Räume anhand der Umgebung auf und der Einblick wird umgewandelt zu einer Aussicht. Was daraus folgt, ist eine harmonische Achtsamkeit und strenge Verbundenheit in einem Miteinander mit der Welt. Die Räume, die in Zelten erschaffen werden, belassen die Erlaubnis, jegliche Sinne durch sie dringen zu lassen. Die Freude der Außenwelt wird aufgesaugt. (…) „Da habe ich Dich“, spricht der Geist und betrachtet das „Buch der Planung“. Als er das Buch aufschlägt, handelt es sich hier keineswegs um die Planungen von Ideen, Projekten oder sonst irgendwelchen Angelegenheiten, die einen Plan benötigen können, sondern es dreht sich alles um Zelte. Dahingehend der Begriff der Planung entsprungen ist und der Autor somit sein Buch nach Planung benannte. (…) aus: Armin Popp, Utopia, 2021
Erläuterung: Der hier handelnde „Geist“ möge als Architekturgestalter:in betrachtet werden.
Jana Gretz
„Indes wir hier trödeln, hadern, den Sinn der Welträtsel suchen, um neue Formen salbadern, brüllen die Dinge und fluchen.“ – Majakowski, Tagesbefehl NR.2 an die Kunstarmee
Kreis, Dreieck und Quadrat können nach Malewitsch als Äquivalente reiner Empfindung wahrgenommen werden. Mit diesen Formen wurde eine Grundgeometrie geschaffen, welche zusammen mit der „Pavillionmethode“ als Basis für die Grundrisse des zweigeschossigen Entwurfs dient. Der sogenannten Pavillionmethode der Komposition haben sich die Konstruktivisten bedient. Dabei wurde ein Gebäude nach seiner Funktion in die erforderlichen Räume unterteilt, welche dann mittels Korridoren oder Fluren, je nach Ablauf der Gebäudenutzung, miteinander verbunden wurden.
Ziel des Entwurfs war es, ein Gebäude zu schaffen, das zum Lustwandern einlädt und eine intuitive und einmalige Erfahrung für den Besucher und den Gast garantieren soll. Diese können beim Durchschreiten die einzelnen Räume szenenartig erleben.
Julius Negrea
„Hier soll er, Mr James Parker, sich also verstecken“, sagte Inspektor Collin zum Taxifahrer, der gerade am Bürgersteig anhält. Der Detektiv betrachtet das Hotel Panoptikum vom Beifahrersitz aus und umschweift mit seinem Blick das alte und zugleich moderne Gebäude. Die Rundung des gewaltigen Hotels, die durch die Balkone zum Vorschein kommt, wirkt durch den Beton noch präsenter, als sie es sowieso schon ist, wodurch seine Gedanken auf diesen Austritten für einen Moment verweilen (…) Nachdem er durch die Drehtür in das Innere des Hotels getreten ist, bleibt er für ein paar Sekunden stehen und schaut sich den bemerkenswerten Anblick an (…) Im zweiten Obergeschoss geht er erneut in den Flur, wobei ihm ein Ausritt auffällt, auf den er zu geht. Der Detektiv stützt sich mit beiden Händen am Geländer ab, dabei spürt er zum ersten Mal den Handlauf unter seinen Händen. Plötzlich wandert sein Blick in die Höhe, er schaut auf die linke Hälfte des Gebäudes. Sein Herz lässt ein Schlag aus und ihn überkommt ein Schauer über seinen Rücken. James Parker, drei Stockwerke über ihm. Parker bemerkt ihn auf einem der Balkone über ihm und beide halten kurz geschockt inne, wodurch sich für einige Sekunden, ihre Blicke kreuzen (…) aus: Julius Negrea, Hotel Panoptikum, 2021
Mareike Lorch
Was passiert, wenn man ein altes verlassenes Filmset wie Metropolis von Fritz Lang aufgreift, interpretiert und um ein weiteres Bühnenbild ergänzt? Das neue Bühnenbild wird zum Hauptdarsteller in einer neuen Szene. Das alte Filmset wird überdauert und rückt in den Hintergrund. Einen Hintergrund, den man immer wahrnimmt, ob man eine große Distanz zum Gebäude hat oder es von innen erlebt und die Stadt im Fenster erscheint. (Die in diesem Kontrast, zwischen der grauen Stadt und dem warmen Hotel entstehende Atmosphäre führt dazu, dass man sich bei den entstehenden Bildern fragt, was als Nächstes passieren wird und so als Betrachter selbst beginnt zu interpretieren.)
Selina Burgun
Entwurf eines Hochzeitshauses in filmischer Überhöhung: Gastkritiker Matthias Peppler beschreibt es so: „Man muss gar nicht darüber reden, dass es hier diese Symbolik gibt. Es funktioniert in der reinen Wahrnehmung, indem die Bilder, der Entwurf etwas mit uns machen, ohne dass wir viel drüber reden oder nachdenken müssen.“
Cihangir Kazan
Der Entwurf eines wachsenden, baumartigen Gebäudes in einer paranormalen Dimension thematisiert die Diskrepanz zwischen Bild und Realität: „Auch beim Anblick der sich windenden Treppe überkamen ihn Fragen – sollte diese Form die der Doppelhelix nachstellen? Im Inneren des Sockelbaus gab es 3 Stockwerke, jedoch auf diesen jeweils nur einen Rundgang um die Treppe, es gab also sonst keine andere Möglichkeit, als die Treppe heraufzusteigen, um zu erkennen, was dieses „Gebäude“ verbirgt.“
Kimberly Lewandowski
Wie kann man ein Objekt, in die Architektur übersetzen? Gastkritiker Matthias Peppler sagt: „Ein Objekt in die Architektur zu übersetzen heißt, ziemlich frei und offen im Denken zu sein. Man muss sich zuerst mit dem Objekt genau auseinandersetzen und es verstehen. Man muss sich ein Wörterbuch mit Begriffen erzeugen, um dann damit arbeiten zu können. (…) Ein Kaktus ist ein sehr extrovertiertes Objekt, das viel im Inneren verbirgt. Man kann ihn nicht anfassen, aber dadurch prägt er noch umso mehr in seiner Strahlkraft den Raum. Ich werd mich nah an ihm vorbeistreifen und er bleibt trotzdem unerreichbar. Guten Tag, hier siehst du alles, aber nichts davon ist für dich. Aus diesem Gedanken heraus ein Haus zu entwerfen, würde mich unfassbar reizen.“